Der Weg, die Steine, das Stolpern, das Vorankommen. Ohne Stolpersteine komme ich vermutlich nicht weiter. Das wurde mir nach den Recherchen vor Ort in Zweibrücken, Herschberg und Niederwürzbach bewusst.
Dass jeder Stolperstein wie eine Spitze hartnäckig mahnend ein Menschenschicksal unter sich ausbreitet … ich glaube, diese Erkenntnis, oder besser, das diffuse Gefühl für das Bild kam mir in Niederwürzbach bei den Stolpersteinen für Georg und Otto Bieg. Mitte November suchte ich die beiden Steine (Link zum Artikel), die beiden Menschenleben, ihre Träume, Hoffnungen und Ängste während einer Assistenzfahrt für meinen Freund Journalist F.
Georg wurde wegen Verdachts auf kommunistische Umtriebe nach Dachau deportiert und starb an den Haftfolgen. Otto hatte den Dienst verweigert, wurde am 10. Juli 1944 verhaftet und am 11. Juli hingerichtet. (Link zum Artikel einfügen).
Erstmals spürte ich den Sog, den die winzigen Steine ausüben. Wenn man sich einlässt. Die Skizzen von Menschenschicksalen auf den Steinen geben ein sehr grobes Bild des Geschehens, des Unrechts und sie lassen gleichzeitig genug Raum für die Phantasie. Seit dem Niederwürzbacher Aha-Erlebnis stelle ich mir bei jedem Stolperstein, den ich sehe vor, was das für ein Mensch gewesen sein mag, an den der Stein erinnert. Es spielt dabei zunächst keine Rolle, ob mein Bild, das ich mir mache, auch zutrifft. Recherchieren lässt es sich oft, nicht immer und nur sehr selten wohl so gut wie bei Walter Frick (Link einfügen).
Nun reift der Plan für die zweite Phase meines Passfälscher-Projekts: Auf Basis von ausgeschiderten Fahrradrouten plane ich eine Strecke entlang der wenigen bekannten Orte, die Cioma Schönhaus auf seiner Flucht berührte. Es sind dies:
- Berlin
- Bad Düben
- Halle, Gasthaus zum Krug
- Wittenberg Gasthaus Zur Traube
- Eine Saalebrücke (Cioma erwähnt ein Lied)
- Bamberg Gasthaus Zum Bamberger Reiter
- Stuttgart (Pfarrer Müller) und Degerloch (Pfarrer Forster), Straßenbahn nach Degerloch
- Stuttgart Hotel Anker (inklusive Passfälschung To Go)
- Lindau
- Feldkirch Zum Löwen
- Radolfszell
- Öhningen
- Schweiz
Ortsangaben, die im Buch Der Passfälscher zu finden sind. Die Passage über die Flucht per Fahrrad von Berlin in die Schweiz ist nur sehr kurz gegen Ende als grobe Reiseskizze angelegt.
Ich möchte entlang der Route Ausschau nach Stolpersteinen halten. Die Strecke kann ich sowohl virtuell, als auch ‚in echt‘ bewältigen, je nach Entwicklung der Pandemie. In echt wäre mir lieber, denn, wie schon im vorigen Artikel erwähnt, Bewegung strukturiert mein Denken und vereinfacht den Schreibprozess.
Eine Routenplanung werde ich auf einer selbst gezeichneten Umap skizzieren. Schwierig wird es, die Stolpersteine zu finden. Zwar sind auf der Seite stolpersteine.eu alle Verlegungen gelistet, aber die Seite ist nur im Quelltext nach Orten durchsuchbar. Die Daten liegen chronologisch vor als fortlaufende Liste nach Verlegungsdatum seit 2003. Vermutlich ist es die einzige Quelle, die alle Steine listet, immerhin … Wikipedia-Artikel über Steinverlegungen nach Kommunen sortiert gibt es zwar jede Menge, aber sie weisen arge Lücken auf, wie ich feststellen musste.
Kurzum. Viel Verwaltungs- und Recherchearbeit für den nicht in Bewegung seienden Künstler in Bewegung auf den Spuren des Cioma Schönhaus.